Die Synode des Kirchenkreises An der Agger hat sich am Wochenende zu ihrer Herbsttagung im evangelischen Gemeindehaus Gummersbach getroffen. Thema des ersten Synodenabends war Existenzielle Theologie unter dem Titel: "Mein Glauben - mein Leben - mein Gott". "Wir wollen mehr über Theologie und Glauben reden," sagte Superintendent Michael Braun, "nicht nur über den Glauben diskutieren oder uns etwas von einem externen Gast sagen lassen, sondern von unserem eigenen persönlichen Glauben sprechen: Was möchte ich Gott heute gerne fragen?"
Im Abschlusslied am ersten Synodenabend wurde der Wunsch nach Frieden laut in die Welt gesungen: "Herr, gib uns Deinen Frieden." Die Sorge um die Situation in Israel zog sich wie ein roter Faden durch die Redebeiträge - die Predigt im Synodengottesdienst von Krankenhausseelsorgerin Pfarrerin Gabriele Bach und die Grußworte von Kreisdechant Christoph Bersch, des stellvertretenden Gummersbacher Bürgermeisters Jürgen Marquart und von Pastor Stefan Hofmann von der Freien Evangelischen Gemeinde (FeG) Gummersbach. Auch in den Gesprächsgruppen des theologischen Abends wurde die Frage nach Frieden thematisiert. In seiner Morgenandacht brachte Pfarrer Markus Aust sein Entsetzen über die Situation eindringlich und persönlich zum Ausdruck. Noch im April hatte er eine Gemeindereise nach Israel geleitet.
Zeit für mehr Glauben
Im Superintendentenbericht sprach Michael Braun von "barbarischen Terrorakten". Der andauernde und furchtbare Krieg Russlands gegen die Ukraine und der Terror in Israel erschütterten "bis ins Mark" und machten deutlich, "wie unsicher unser Leben sein kann". Die Gesellschaft sei insgesamt in fast allen Bereichen erschüttert. "Das Schiff unserer Gesellschaft schwankt heftig." Viele Menschen seien verunsichert, es fehle an innerer Ruhe und Ausgeglichenheit und an etwas, das emotionale Sicherheit gebe. Die neue Umfrage der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zur Mitgliedschaft habe ergeben, dass in Deutschland nur noch zwölf Prozent aller Menschen überhaupt glauben. Michael Braun: "Das ist mehr als zu anderen Zeiten. Aber das ist wenig. Zeit für mehr Glauben? Streichen Sie mal das Fragezeichen."
Auf die Kernaufgaben der Kirche konzentrieren
Wenn das Segelschiff auf See heftig schwanke und rolle, dann müsse man auf den Horizont sehen, sich festhalten und auch bereit sein, den Kurs zu ändern. Bleibe man in der Kajüte, dann werde einem vom Schwanken des Schiffes übel. Schaue man dagegen auf einen festen Punkt, habe man eine Mitte und einen Kern, "dann findet man Halt und Orientierung und Energie, Neues zu wagen".
Michael Braun nannte beispielhaft zwei Aufgaben, "die wir in protestantischer Arbeitsethik angehen": Einmal die weiteren Schulungen aller Haupt- und Nebenamtlichen im Kirchenkreis zum Thema Prävention von sexualisierter Gewalt. 400 Schulungen gab es bereits durch die Beratungsstelle "Haus für Alle" in Waldbröl, insgesamt müssten 1300 Menschen geschult werden. "Unsere Kirche soll kein missbrauchter Ort sein für solche Taten." Es sei wichtig, dass die Ausleuchtung des Themas in der evangelischen Kirche in aller Deutlichkeit endlich beginne. Die Missbrauchsstudie der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) erscheint am 25.1.2024. Die Studie sei viel umfassender als bisher jede andere Erhebung dazu in Deutschland: Sie umfasse seit den Fünfzigerjahren alle Fälle von sexuellem Missbrauch durch Pfarrpersonen und Haupt-, Neben- und Ehrenamtliche an Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in Kirche und Diakonie. "Für das seelische Wohl aller wünsche ich mir für unsere ganze Gesellschaft solche Transparenz in Kirche und Schulen und Kitas und Sport und Musikvereinen und auch in dem größten Bereich, dem Feld des privaten, familiären Missbrauchs."
Als zweiten Aufgabenbereich nannte Michael Braun die Fragen nach Finanzen, Personal und Gebäuden. "Auch das Schiff unserer Kirche schaukelt in den jetzigen Stürmen schwer." Viele Hauptamtliche gingen in den nächsten Jahren in den Ruhestand, bald gebe es mehr Pfarrerinnen und Pfarrer im Ruhestand als im aktiven Dienst. Etliche Gebäude müssten dringend renoviert werden. "Man sieht auch, dass das nicht bei allen zu bezahlen ist und man sie auch nicht immer braucht." Der Superintendent ermutigte zum Handeln: "Ein gutes Maß an Sorgen - ja! Aber dann kein Verharren beim Blick zurück. Wer hier um den Kernauftrag der Kirche weiß und mit ruhiger Überlegung möglichst direkt und umkomplizert die Dinge angeht, ist auf dem Weg."
Im vergangenen Jahr habe es ihm - nach den Corona-Beschränkungen - "unendlich gutgetan", sagte Michael Braun, wieder miteinander in Gottesdiensten "die Gemeinschaft mit Gott" feiern zu können und sich gegenseitig zu stärken. So sei für ihn ein "zweiter erster Blick in unseren Kirchenkreis" möglich geworden. "Welchen reichen und vielfältigen Schatz wir dort haben und immer wieder neugestalten, durfte ich sehr intensiv erleben."
Speeddating zu Glaubensfragen
Am Freitagabend gab es beim Synodenthema "Mein Glaube - mein Leben - mein Gott" sehr persönliche Statements zum eigenen Glauben: Pfarrer Achim Schneider, Christine Adolphs, Eckhardt Lück und Pfarrer Andreas Spierling erzählten, wie sie zum Glauben gekommen sind und was er ihnen heute bedeutet. Dr. Oliver Cremer, neuer Assessor des Kirchenkreises An der Agger, führte durch das Thema "Mein Glauben - mein Leben - mein Gott." In acht Arbeitsgruppen gab es Zweiergespräche beim "Speeddating mit Gott": viele persönliche Geschichten und kniffelige Fragen wie "Welche Person fordert dich gerade am meisten zum Umdenken heraus?". Mein Glaube - mein Leben - mein Gott: Das persönliche Gespräch über Glaubensfragen auch mit Unbekannten war für manche Synodale ungewohnt, aber es lohnte sich.
Synodenbeschlüsse
Um näher in Kontakt mit den Gemeinden zu kommen, hat die Synode eine neue Visitationsordnung beschlossen. Mehr Kirchengemeinden werden öfter besucht. Im vergangenen Jahr visitierte der Kreissynodalvorstand die Gemeinden Engelskirchen und Ründeroth als Einzelgemeinden sowie Lieberhausen und Bergneustadt in ihrem Fusionsprozess.
Beschlossen wurde auch die Einrichtung einer Stelle für einen Architekten oder eine Architektin, die den Gemeinden mit Rat und Tat beiseite steht und sie auch in Gebäudebeurteilungen beraten und entlasten kann.
Beschlossen wurde auch eine neue Diakoniesatzung, die im Wesentlichen den Wechsel der Aufgaben von Diakoniepfarrer Thomas Ruffler an Assessor Oliver Cremer und Verwaltungsamtsleiter Thomas Hildner beschreibt.
Anders als in den vergangenen Jahren gab es keinen ausführlichen Finanzbericht, da die Synode im Vorjahr einen Doppelhaushalt beschlossen hat. Hildner machte allerdings deutlich, dass mit zurückgehenden Kirchensteuereinnahmen zu rechnen sei.
MEDIENECHO:
Oberberg Aktuell: "Zeit für mehr Glauben?" von Lars Weber, 23.10.2023
www.ekagger.de | jth | Text: Judith Thies | Fotos: Kirchenkreis An der Agger/Vera Marzinski
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