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GEISTLICHE NOTIZEN "Wer oder was ist Gott für mich?" Von Gabriele Bach

  • Andacht

Eine unglaubliche Fülle von Bildern von Gott gibt es in der Bibel zu entdecken. Pfarrerin Gabriele Bach, Krankenhausseelsorgerin am Klinikum Oberberg, erzählt von ihren Gottesbildern und wie ihr feste Gebete und Texte helfen, wenn die Worte fehlen

Mein Glaube – mein Gott – mein Leben. Was glauben Sie? 

Vor einiger Zeit erschien ein Buch mit dem Titel „Phrase unser“ …vielleicht haben Sie es auch gelesen. Man könnte einiges daran aussetzen, aber die beiden Autoren haben auf etwas Wichtiges aufmerksam gemacht: Bitte keine Floskeln, keine hohlen oder leeren Worte in der Kirche! Bitte seid ehrlich mit dem, was Ihr sagt, und sagt lieber weniger als mehr. … Ja, sie haben Recht. Keine Floskeln, hinter denen wir uns verstecken.

Allerdings möchte ich eine Einschränkung machen: Es gibt Zeiten, in denen mir Floskeln auch helfen können. In denen ich nicht alles, was ich sage, mit Leben füllen kann. Dann ist es auch gut und heilsam, einfach etwas mitsprechen zu dürfen, ohne dass es für mich persönlich gleich einen Sinn ergibt. Dann bin ich dankbar für die Gemeinde um mich herum, die ihr Glaubensbekenntnis einigermaßen sicher sprechen kann, ich stimme dann eben ein, und dann wird dieses Glaubensbekenntnis der anderen wie ein Geländer für mich, an dem ich mich festhalten und entlanghangeln kann.

Dann sind es keine Floskel, sondern gute alte Worte

Es sind dann keine Floskeln, sondern gute alte Worte und ich stelle mir immer vor, wie die Christen und Christinnen sie seit Jahrhunderten schon gesprochen haben und ich gehöre dann einfach so dazu und spreche mit. Ja, es gibt solche Zeiten, da komme ich mit meinem persönlichen Leben und meinen begrenzten Erfahrungen nicht hinterher, da lasse ich mich im Chor der anderen tragen. Gut, dass das geht.

In meiner Zeit als Schulpfarrerin am Gymnasium habe ich viel gelernt. Manchmal denke ich, ich habe wahrscheinlich dort am meisten gelernt, bestimmt mehr als meine Schüler und Schülerinnen. Wobei ich hoffe, dass sie auch ein bisschen was gelernt haben. Eins unserer Oberstufenthemen hieß: Gottesbilder. Und natürlich tauchte dieselbe Frage wieder auf: Wer oder was ist Gott für dich?

Gottesbilder: immer wieder anders, immer wieder neu

Und dann haben wir in die Bibel geschaut und eine im wahrsten Sinne des Wortes spannende Entdeckung gemacht: 1. Dass wir uns bitte kein Bild machen sollen von Gott.  Das steht in den 10 Geboten. Und 2. Dass es gleichzeitig eine unglaubliche Fülle von Bildern für Gott in unserer Bibel gibt. Mal hat er Augen, Ohren, Hände und eine Stimme, genau wie wir Menschen. Dann wieder erscheint er als Adler, der uns auf seinen Flügeln trägt, als Fels, auf dem wir festen Halt haben, Als Burg, in der wir Schutz finden. Als Hebamme, die uns aus unserer Mutter Leib gezogen hat. Als König. Als Licht. In einem stillen sanften Sausen. Als Wolken- und Feuersäule. In einem brennenden Dornbusch. Immer wieder anders, immer wieder neu. Ein Gott, der sich offenbar nicht festlegen lassen will auf ein einziges Bild. Und der doch mit uns eine Beziehung haben möchte und uns deshalb in der uns möglichen und fassbaren Sprache und Erscheinungsweise begegnet. Ich bin nach all den Jahren so dankbar für diese Fülle und diese Vielfalt, die Gott selbst mir anbietet!

Wie kann ich mit Gott sprechen? 

Und gleichzeitig habe ich In meiner Zeit als Krankenhausseelsorgerin erlebt, dass sich Gott mir manchmal völlig entzieht. Dass er mir oft fremd geworden ist. Oft so unzugänglich, verborgen und unnahbar. Kein Wunder, sagt mein Supervisor, das geht vielen Krankenhausseelsorgern so. Dass das, was sonst immer so klar war und einfach und eindeutig, das, was wir gelernt haben und womit wir immer gut gefahren sind, was wir immer wieder auch so weitergegeben haben, dass uns das auf einmal verschwimmt, zerbröselt, wie Michael Klessmann, ein erfahrener Seelsorger, es ausgedrückt hat. Was kann ich noch glauben? Und was nicht? Wer oder was ist Gott für mich? Und wo finde ich ihn? Und wenn er Licht ist oder Burg oder Fels, wie soll ich dann mit ihm sprechen?

Auf einmal verändert sich alles, wenn wir uns unseren Fragen stellen und sie nicht zu schnell wieder wegwischen oder beantworten, weil wir die Fragen als solche nicht aushalten und ja immer gewohnt sind auf alles eine Antwort zu haben.

Gott offenbart sich und verbirgt sich

Gott begegnet uns – und entzieht sich uns gleichzeitig immer wieder. In kaum einem biblischen Text wird die Spannung zwischen dem sich offenbarenden und sich verbergenden Gott deutlicher als in der Geschichte von Moses Berufung. Wie – und auch wann - begegnet Gott in dieser Geschichte dem Mose? Zunächst einmal: Es ist ein ganz normaler Tag. Alltag für Mose. Er hütet Schafe in karger Landschaft. Und da begegnet ihm Gott – in einem brennenden Dornbusch, der aber nicht verbrennt. Mit einer Engelsstimme und auch einer Engelsgeduld, wie sich später herausstellen wird. Die Stimme ruft Mose und warnt ihn zugleich vor dem Näherkommen. Gott hat eine Stimme – aber kein Gesicht. Komm näher – aber zieh die Schuhe aus. Gott stellt sich vor – zunächst als Gott der Väter, als ein mitgehender Gott also, der mit Moses nomadischen Vorfahren schon viele Jahre unterwegs war. Der eine Geschichte mit ihnen und also auch mit Mose hat. 

Und dann zeigt er sich als einer, der genau hinhört und hinschaut - einer, der einen Blick für das Elend seines Volkes hat, der das Schreien der Unterdrückten hört, der ihr Leiden erkennt und sie retten möchte. Ein mitleidvoller, aufmerksamer, befreiender Gott. Aber auch als ein Gott, der nicht ohne seine Menschen aktiv werden will und kann. Und der dafür auch so einen wie Mose braucht.  Wenn wir weiterlesen, erleben wir eine lange Diskussion zwischen Gott und Mose. Viermal in der ganzen Geschichte versucht Mose Gott von seiner Idee abzubringen: Wer bin ich schon, dass ich das schaffen könnte, Ich bin dafür nicht geeignet, die glauben mir sowieso nicht, was soll ich da sagen, wenn ich zum Pharao komme, und außerdem kann ich gar nicht gut reden …

Spannend zu sehen, wie geduldig und seelsorglich – aber auch hartnäckig - Gott sich das alles anhört und sich auf diese langwierige Diskussion einlässt. Und wunderbar auch, dass er den Mose jetzt nicht einfach losschickt und allein lässt mit alledem, sondern ihm seine Unterstützung anbietet.

Und jetzt verrät er ihm auch seinen Namen! So sollst du zu den Israeliten sagen: Ich werde sein, der hat mich zu euch gesandt. Ich bin der ich bin, ich bin, der ich sein werde.

Gott will Geheimnis bleiben - das Leben mit ihm bleibt aufregend

Gott offenbart seinen Namen, – aber gleichzeitig bleibt dieser Name ja ganz unverständlich und rätselhaft. Jemand hat gesagt, dies sei eigentlich gar kein Name sondern eher eine Namensverweigerung. Hier wird es deutlich: Der sich offenbarende Gott bleibt der verborgene Gott. Gott will Geheimnis bleiben, sich nicht festlegen lassen, sich nicht auf den Punkt bringen oder auf ein Bild oder einen Begriff reduzieren lassen. Er übersteigt alle menschlichen Bilder und Konzepte von ihm. Und doch kommt er herunter (Vers 8: Ich bin herniedergefahren!) sucht Kontakt, spricht mit Mose, stellt sich ihm vor, braucht ihn, beauftragt ihn mit der Befreiung seines Volkes, hat Verständnis für Selbstzweifel, bietet Begleitung an.

Es ist wahr - bliebe er nur Rätsel und Geheimnis -, wir könnten keine Beziehung zu ihm haben.

Und andererseits können wir nur eine Beziehung zu ihm haben, wenn er der ganz Andere, geheimnisvolle, unverfügbare Gott bleiben darf. Nah und fern zugleich.

Ja, Gott übersteigt alle unsere Bilder und Vorstellungen und doch begegnet er uns in großer Vielfalt und immer wieder anders und neu, manchmal lässt er lange auf sich warten und es scheint als wäre er wie vom Erdboden verschluckt -  und im nächsten Moment zeigt er sich mitten im Alltag und völlig überraschend - in einem Dornbusch  - oder in einer Krippe, oder auch mit einer Dornenkrone.

Das Leben mit ihm bleibt aufregend und spannend.

Pfarrerin Gabriele Bach ist Krankenhausseelsorgerin am Klinikum Oberberg in Gummersbach. Sie wird am Sonntag, 12. November 2023, 10.15 Uhr in der evangelischen Kirche Ründeroth (Markt 2, Engelskirchen Ründeroth) in den Ruhestand verabschiedet. 

 

Der Text ist eine gekürzte Version der Predigt zum Synodengottesdienst vom 20.10.2023 in der evangelischen Kirche in Gummersbach. 

Wenn Sie Fragen oder Anregungen haben, schreiben Sie bitte an andacht.anderagger@ekir.de. Wir freuen uns über Ihre Mail. 

 

KREISSYNODE Existenzielle Theologie: Mein Glaube - mein Leben - mein Gott

www.ekagger.de | jth | Text: Gabriele Bach | Fotos: Kirchenkreis An der Agger/Vera Marzinski 

 

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Gabriele Bach ist Krankenhausseelsorgerin am Klinikum Oberberg in Gummersbach. Am 12.11. wird sie von Superintendent Michael Braun (re.) in den Ruhestand verabschiedet. Mit ihm und Assessor Dr. Oliver Cremer (li.) hat sie den Themenabend über den Glauben auf der Synode geprägt. Ein starker Abend über das Thema Mein Glaube - mein Leben - mein Gott

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Ihre Predigt hielt Pfarrerin Gabriele Bach zur Eröffnung der Synode in der evangelischen Kirche in Gummersbach vor der Synodengemeinde

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